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Ölschäden – Baustoffe und ihre Sanierungsmöglichkeiten

Projektstudienarbeit

vorgelegt von Carmen Gohl aus Heilbronn am 14.4.2023 zum Erwerb des

Diploma of Advanced Studies (DAS)

Versicherungswertermittlungen und Sachschadenbewertungen von Immobilien 

an der Steinbeis+Akademie

 

Erstveröffentlichung:

Tagungsband der 32. Hanseatischen Sanierungstage, 2022, einschließlich Tagungsvortrag

 

 

Inhaltsverzeichnis:

Zusammenfassung

1    Das Vorgehen

1.1 Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an?

1.2 Die Zeit

1.3 Die Untersuchungen

2    Baustoffe und deren Sanierungstechniken

2.1 Bauteile, die Keiner Untersuchung bedürfen

2.2 Mauerwerk und (Stahl-)Beton

2.3 Holz

2.4 Gerne vergessen - trotzdem tückisch

3    Sanierungsziel

4    Fazit

5    Abkürzungen

6    Verwendete Literatur / Quellen

Zusammenfassung

Die Katastrophe im Ahrtal hat es gezeigt: Nach einem Starkregenereignis mit Überschwemmung und Überflutung sind viele Gebäude durch Schadstoffe kontaminiert und es stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten und vor allem der Wirtschaftlichkeit einer fachgerechten Sanierung der Gebäude.

 

Es ist schwierig, Fachleute auf diesem Gebiet zu finden, die sich mit der Machbarkeit und zeitgleich auch der Wirtschaftlichkeit einer Ölschaden-beseitigung auskennen. Dies betrifft nicht nur Labore und Sachverständige, sondern auch Fachfirmen – es gibt einfach zu wenige.

Häufig werden von Versicherungsregulierern oder Versicherungssachverständige wichtige Punkte übersehen oder die Machbarkeit im Vorfeld falsch eingeschätzt. Schwierig ist es vor allem auch dadurch, dass keine Grenzwerte für Gebäude-bauteile vorhanden sind.

 

Dieser Vortrag soll Schwierigkeiten im Vorfeld aufzeigen und Lösungen zur Herangehensweise einer Sanierung in Bezug auf Gebäudeschäden, primär Wohngebäude, geben.

 

Im Bereich des Arbeitsschutzes gibt es Raumluftwerte. Für das Erdreich gibt es ebenfalls Grenzwerte. Hierdurch kann die Entsorgung und auch die Sanierungsnotwendigkeit eingegrenzt werden. Schaut man sich verschiedene Schriften an, widerspricht sich die Literatur teilweise.

Wie muss man bei einem Wohnraum agieren? Wann beginnt eine Ölschadenbeseitigung in einem Gebäude?

 

Selbstverständlich gibt es weitere Schadstoffe, die bei einem Hochwasser in ein Gebäude eingetragen werden können, auf diese geht der Vortag jedoch nicht ein.

1  Das Vorgehen

Wenn die Gefahr eines Ölschadens in einem Gebäude besteht, darf man sich nicht nur fragen, ob es in dem zu untersuchenden Gebäude einen Öltank gab, der unter Umständen aufgeschwemmt oder aufgerissen ist und sich daher der Inhalt in das Gebäude strömende Wasser ergießt und dadurch im besten Fall nur einzelne Räume stark und andere leicht kontaminiert werden, sondern man muss sich auch die Umgebung anschauen.

 

Liegt in der Nachbarschaft eine Tankstelle oder ein Gewerbebetrieb wie beispielsweise eine Werkstatt vor? Dann ist das einströmende Wasser bereits vorher mit Öl kontaminiert und erreicht andere Gebäudeteile. Aufschlussreich sind auch Zeugenaussagen darüber, wie schnell das Wasser in das Gebäude eingetreten ist.

1.1 Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an?

Am wichtigsten ist es, dass Wasser zielgerichtet aus dem Gebäude herauszubekommen. Die Rettungskräfte von Feuerwehr und THW haben hervorragende Arbeit geleistet. Aber die, die es am besten wissen, sind leider häufig falsch vorgegangen. Nicht aus Unwissenheit, sondern auf Grund der Überlastung bei diesem Massenereignis oder auch der fehlenden Logistik.

Der Autorin ist kein Gebäude bekannt, bei dem man sich im Ahrtal vorher Gedanken gemacht hat, wie das Wasser entnommen werden soll.

 

Am besten wäre es natürlich, eine Öl-Schranke einzurichten und Öl-Binder in die betroffenen Räume zu geben. Hierzu zählen Aufsaugtücher, Absorber-Schläuche /-würfel, Aufsaugmatten, usw.

Diese jedoch vorrätig zu haben, umgehend in ein Katastrophengebiet zu bringen, vor Ort zu verteilen und fachgerecht einzusetzen, wäre eine logistische Meisterleistung, die eine entsprechende Vorratshaltung bedurft hätte, dazu die entsprechende Logistik -und vor allem eine Erreichbarkeit der betroffenen Gebäude- die, in manchen Gebieten erst Tage später sichergestellt war.

Somit zeigte das Unwetterereignis, dass dieser Punkt -zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, nicht umsetzbar war und ist. Also lieber das Wasser 2-3 Tage stehen lassen – sofern möglich, bis die Ölsanierung gezielt anlaufen kann. Natürlich ist auch der äußere Wasserstand auf dem Grundstück zu berücksichtigen.

 

Es wären wesentlich geringere Schäden zu verzeichnen gewesen, wenn man vor Ort den Ölfilm, der nun einmal auf dem Wasser schwimmt, zuerst abgepumpt hätte. Dadurch wäre in der Höhe des Wasserstandes ein umlaufender Streifen von vielleicht 50 cm bis 100 cm entstanden.

 

Da aber die Absaugrüssel meist durch eine Gebäudeöffnung eingebracht wurden und man so lange gepumpt hat, bis die Keller leer waren, hat sich der Ölfilm langsam an allen Wänden herabziehen können und sich schlussendlich auf den Boden gelegt.

Das Öl hatte wunderbar Zeit, in die einzelnen Oberflächen einzudringen und durch die Kapillarität der Baustoffe langsam in die Tiefe zu gelangen.

1.2  Die Zeit

Je schneller eine Ölschadensanierung beginnt, umso einfacher lässt sich das Öl entfernen.

Bei einem Ölunfall sollte am besten binnen Stunden mit der Sanierung begonnen werden. Analog zu einer Ruß-Kontamination nach einem Brandschaden, der auf metallischen Oberteilen binnen weniger Stunden zu einer Korrosion der Oberflächen führt. Zeit ist Geld - die Prioritäten müssen erkannt und umgesetzt werden.

1.3  Die Untersuchungen

Die Wahl einer Sanierungsmethode ergibt sich aus den vorliegenden Bauteilmaterialien, sowie der Eindringtiefe in die Materialien und die Höhe der Kontamination. Dies kann nur mittels Proben festgestellt werden.

Es ist dringend zu empfehlen, keinerlei Arbeiten ohne entsprechende persönliche Schutzausrüstung durchzuführen.

Hierzu nimmt man mittels einer Bohrkrone Materialproben – am besten über den gesamten Bauteilquerschnitt oder als Bohrmehlentnahme in definierten Schichttiefen. Andere Methoden wie Abspitzen, etc., führen dazu, dass die Eindringtiefe nicht festgestellt werden kann.

  • Wichtig ist die Reihenfolge: Immer von oben nach unten Arbeiten. Dies gilt für die Probenentnahme, wie auch für die Sanierung, sonst werden bereits gereinigte Bereiche wieder kontaminiert
  • Die Anzahl der Proben darf nicht zu gering ausfallen, sonst ist eine Einschätzung unter Umständen nicht möglich. Mischproben sollten vermieden werden
  • Die Masse einer einzelnen Probe ist wichtig. Im Gegensatz zu einer Asbestanalyse beispielsweise, bei der wenige Gramm bzw. wenige Zentimeter Kantenlänge eines Materials zur Beprobung ausreichend sind, wird bei einer Kohlenwasserstoff-Analyse entsprechend viel Material benötigt
  • Materialproben sollten binnen 7 Tagen ausgewertet werden
  • Entnommene Proben sollten möglichst gekühlt <10° Grad transportiert und gelagert werden
  • Es sind möglichst Glas-Behälter für die Einzelproben zu verwenden
  • Zu beachten ist auch, dass nicht jedes Labor diese Untersuchungen durchführen kann
  • Die PSA ist bei der Probeentnahme nicht zu vergessen

2  Baustoffe und deren Sanierungstechniken

Die sensorische Belastung eine Ölkontamination fällt deutlich auf – wie an einer Tankstelle stinkt es einfach nach Öl, jedoch noch wesentlich konzentrierter. Dieser stechende Geruch fällt meist bereits auf, wenn man sich einem Haus nähert; oder wenn man ein Treppenhaus betritt. Spätestens beim Öffnen der Kellertüre – sofern diese noch vorhanden ist- kann man erkennen, ob grundsätzlich ein Ölschaden vorliegt.

Es gibt immer wieder auch Zeugen, die von der schillernden Wasseroberfläche berichten oder auch das auf dem Grundstück befindliche „rote“ Wasser beschreiben (Abb. 1).

Abb. 1     Öl in einer Straßenschlucht in Dernau – Foto: M. Bertram

Grundsätzlich gilt: Starke Staubanhaftungen, dunkle Verfärbungen, Ölgeruch und abperlendes Wasser sind typische Hinweise auf Mineralölkohlenwasserstoff-Kontaminationen (MKW)[1].

Nach dem Rückbau der primären Bauteile wie Putz und Estrich sollte die Trocknungsmaßnahmen beginnen. Durch den Temperaturanstieg werden auch die leichtflüchtigen MKW mobilisiert; das Kriechen in die Kapillaren wird vermindert, teilweise sogar gestoppt.

Neben dem Einsatz von Kondensations- oder Abdoptionstrockner sollten die Wandoberflächen durch Ventilatoren angeblasen werden. Ventilatoren sind auch deshalb wichtig, weil Sauerstoff zu einem schnelleren Abbau durch natürliche Mikroorganismen führt. Infrarotplatten können die Trocknung bei Einzel- oder Kleinflächen unterstützten.

Eine weitere Trocknungsmethode ist die Mikrowellentechnik, die in Kombination mit Kondensationstrockner und Ventilatoren den Trocknungsvorgang erheblich beschleunigen kann. Hierbei gibt es verschiedene Sicherheitsvorschriften einzuhalten, da es sonst zu Bränden oder Gefahr für Leib und Leben kommen kann.

Eine Trocknungsmaßnahme nach einer Überschwemmung / Überflutung dauert meist 3-6 Monate, häufig auch länger.

Je nach Bauteil, Baustoffen und Rückbauzustand kann auch ein Abflammen der Oberflächen zur Ölentfernung eingesetzt werden. Dies sollte ausschließlich durch eine Fachfirma erfolgen, sonst wandelt sich der Ölschaden in einen Brandschaden oder Bauteile werden durch die Hitzeeinwirkung beeinträchtigt.

Sofern nicht die Gefahr besteht, dass Wasser noch weiter in die Tiefe eines Baustoffs eindringt, ist eine Hochdruckreinigung generell eine gute erste Maßnahme noch vor dem Rückbau. Zuvor muss natürlich sichergestellt sein, dass das Waschwasser aufgefangen werden kann und im Anschluss fachgerecht entsorgt.

Abb. 2: Bereits erfolgte Wiederherstellung der Fassade ohne ausreichende Ölschadensanierung 

Abb. 3: Innenansicht zu Abb. 3: Raumseitig schlägt der Ölfilm durch den neuen Innenputz durch 

Abb. 4: Missglückter Versuch eines Bauherren mittels Einarbeitung einer handelsüblichen PE-Folie unter dem Putz als »Sperrschicht« 

2.1  Bauteile, die keiner Untersuchung bedürfen

Auf Grund der Verschlammung und eingetragenen Fäkalkeime sind Estriche und Putze grundsätzlich zu entfernen; Wandputze mindestens 30 cm, eher 50 cm über den Wasserpegel hinaus. Meinst erkennt man hinter dem abgeschlagenen Putz eine dunkler verfärbte Mauerwerks- und Stahlbetonoberfläche, die mit zunehmender Austrocknung der Wandbauteile deutlicher wird.

Geschäumte Polysterol-Baustoffe (©Styropor) lösen sich durch das Heizöl auf und können ebenfalls umgehend verworfen werden.

Das Gleiche gilt für Holz- und Trockenbau-Bauteile wie Wand- und Deckenverkleidungen, Türstöcke und Zargen, Fenster, usw. Liegt kein Estrich vor, sind die Bodenbeläge zu entfernen. 

Abb. 5: Kontaminierte Fassade nach Ölanschwemmung aus der Nachbarschaft 

Abb. 6: Nach Entfernen der Polystyroldämmung wird das eingedrungene Öl auf dem alten Putz sichtbar 

Abb. 7: Das herausgelöste Polystyrol zeigt ebenfalls das eingedrungene Öl an der Klebefläche 

2.2   Mauerwerk und (Stahl-)beton

Um hier einen Rückbauaufwand einzuschätzen, muss ein Statiker involviert werden. Bei Stahlbeton kann maximal bis zur Bewehrungstiefe das Material abgefräst werden. Zeigt die Materialbeprobung jedoch, dass die Eindringtiefe deutlich darüber liegt, muss das Bauteil (Wand, Decke, Bodenplatte) abschnittsweise zurückgebaut werden.

Bei Mauerwerk kommt es auch auf den Baustoff und die Steinart an. Ein Hohlkammerstein verhält sich beim Abspitzen / Abfräßen anders, als ein Vollstein. Ein Stein aus Leichtbeton oder Bims, hat eine völlig andere Kapillarität als ein Kalksandstein. Die Rohdichte eines Materials ist ein guter Indikator.

Beides kann jedoch nur abschnittsweise ausgebaut werden.

Bei Hohlkammersteinen kommt hinzu, dass nicht jede Kammer geöffnet werden kann. Unter Umständen verbleibt ein Öl-Wasser-Gemisch innerhalb des Steins zurück, was dazu führt, dass eine Wand nach vielen Monaten technischer Trocknung, immer noch feucht ist.

Auch kann ein Hohlkammerstein nicht einfach ergänzt werden – es gibt keine

„Teilsteine“ die angesetzt werden können, was dazu führt, dass ein anderes Material ergänzt werden müsste, was den Wärmeleitkoeffizent verändert. Während der Bauphase müsste auch die Wandstatik beachtet werden, da diese geschwächt wird. – Ist ein Abbruch nicht eine effizientere, da schnellere und somit auch viel wirtschaftlichere Methode?

Beim Austausch von (Stahl-)beton muss die Abbindezeit zusätzlich berück-sichtigt werden, was zu einer längeren Sanierungszeit führt.

Zu den Materialkosten von ca. 25 bis 35 €/l (1 Liter wird für etwa 1 qm benötigt) kommt noch die aufwändige Handarbeit hinzu. Dies muss genau nach Angaben des Herstellers erfolgen, um auch die volle Reinigungswirkung erlangen zu können.

2.3  Holz

Holzbauteile sind zu verwerfen; auch tragende Holzbauteile. Eine Maskierung / Verkleidung der Bauteile ist auf Grund der andauernden Bewegungen des Holzes auf Dauer nicht sicher-gestellt. Eine ständige Kontrolle und Erneuerung der Maskierung / Verkleidung ist erforderlich. Es sollte ein Turnus von 3-5 Jahren vorgesehen werden.

Liegen wirklich erhaltenswerte Holzbauteile -wie beispielsweise bei einem Fachwerkhaus- vor, müssen diese genauer untersucht werden. Eine techn. Trocknung muss mit Bedacht und vorsichtig erfolgen, um ein Reißen und Schwinden zu verhindern. Die Trocknungszeit verlängert sich entsprechend. Mittels Strahltechnik sind verschiedene Muster-Sanierungen durchzuführen.

2.4  Gerne vergessen – trotzdem tückisch

  • Ein Schattendasein bei der Überlegung der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit wird häufig die Materialgruppe der bituminösen Bauteile. Ob horizontale Abdichtungspappen beispielweise, wie auch eine flächige Außenabdichtung: Bituminöse Baustoffe haben die Eigenschaft, sich durch eine Ölkontamination aufzulösen. Manche Pappen „bluten“ eher aus, aber alle verlieren ihre absperrenden Eigenschaften. Und diese partiell auszutauschen kann sehr schwierig sein, ist aber immer finanziell aufwändig. Vor allen in Bereichen der horizontalen Sperre eines Kamins sollte man auch den Schornsteinfeger involvieren. Manchmal muss man Kompromisse eingehen und gerade am Kaminfuß wird häufiger die Variante einer Maskierung mittels Epoxidharzes gewählt. Vor allem bei der Regulierung des Schadens durch eine Versicherung sollten die Folgeschäden nicht vergessen werden: Versiegelungen durch Epoxidharz müssen in der Regel alle 3 - 5 Jahre ausgetauscht werden, sonst schlägt der Geruch wieder durch. In der Regel wird hierauf eine ölresistente Schweißbahn aufgebracht.
  • Bei einem bituminösen Außenanstrich zur Kellerabdichtung kann man häufig relativ einfach das Erdreich abgraben und die Abdichtung erneuern. Wenn das Öl aus dem Gebäudeinneren kam ist dies häufig nicht erforderlich.
  • Kam das Öl jedoch aus der Nachbarschaft, muss man die Erreichbarkeit berücksichtigen. Steht beispielsweise die Garage an der Hausfassade, muss unter Umständen diese erst einmal teil-/rückgebaut werden.
  • Bei Reihenhäusern / Doppelhäusern mit Gebäudetrennfuge zieht das Öl in die Bauteilfuge zwischen den beiden Gebäuden und ist somit (fast) unerreichbar. Bei gemauerten Kellern ist dies mit hohem finanziellem Aufwand – analog einem Trennfugenbrand bei einem Brandereignis- möglich. Bei einem Stahlbetonkeller sehr schwierig. Der Schallschutz in der Fuge muss ja ebenfalls wiederhergestellt werden.
  • Teilweise ist feststellbar, dass in Bereichen von Schächten und Kaminen das Öl weiter in das darüberliegende Geschoss gezogen ist. Hier müssen entsprechende Untersuchungen geführt werden.
  • Eine vorhandene Drainage kann sehr nützlich sein. Hierüber lassen sich Proben nehmen, um festzustellen, ob das Wasser von innen oder außen kam – um hier anfangs die Grundlagen der erforderlichen Sanierung festzulegen. Kam die Kontamination von innen, kann die Drainage meist vernachlässigt werden. Kam sie jedoch von außen, müssen die Drainagerohre u.U. getauscht werden.
  • Ein ganz prekärer Punkt sind die extrem schwer erreichbaren Abwasser- und Frischwasserleitungen, die gewöhnlich in einem Sandbett verlaufen. PVC- oder KG-Rohre verfügen über eine Gummidichtung in der Muffe. Diese kann sich im Laufe der Zeit auflösen. Diese Leitungen unterhalb der Bodenplatte zu erreichen, ist normalerweise ausschließlich durch eine Öffnung der Bodenplatte möglich. Das Sandbett muss getauscht werden – je nach Belastung. Hier hilft die LAGA bei der Einschätzung [2]. Wenn man die Kontamination des Sandbettes geklärt hat, sollten in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen noch andere wichtige und mit Folgekosten belegte Bauteile betrachtet werden. Denn häufig geht man davon aus, dass ein Sandbett unterhalb der Bodenplatte zu vernachlässigen ist. Vor allem bei Bodeneinläufen im Untergeschoss, über die die Abwasserleitungen gefüllt wurden, muss dieser Punkt bedacht werden. Meist wird ein Gebäude nicht so stark unterschwemmt, dass diese Bereiche durch Öl von außen erreicht werden.
  • Wie verläuft der Grundwasserspiegel; kann dieser eventuell bei einem Grundwasseranstieg das vorhandene Öl ausspülen?
  • Wo befindet sich das nächste Gewässer?
  • Unter Umständen wird hierdurch ein Eintrag in das Altlastenkataster erforderlich. In der Folge hat das Baugrundstück einen erheblichen Wertverlust.

Um eine genaue Eingrenzung vornehmen zu können müssen hier landesrechtliche Vorschriften beachtet werden. Der Wirkungspfad nimmt hier großen Einfluss.

(Wirkungspfad: Weg eines Schadstoffes von der Schadstoffquelle bis zu dem Ort einer möglichen Wirkung auf ein Schutzgut.) Dieser Wirkungspfad wird auch als „Fahnenlänge“ oder „Schadstofffahne“ tituliert.

Bei Heizöl liegt diese im Erdreich bei ca. 50 – max. 100 m (Abb. 8)[3, 4].

Abb. 8:    Ausbreitung von MKW im Untergrund [4]

3   Sanierungsziel

Von öffentlicher Hand festgesetzte Grenzwerte für Gebäudebauteile liegen nicht vor.

Heizöl hat einen Siedebereich von 150 – 390 °C und ca. 9-22 C-Atome.

Dies bedeutet eine Einkategorisierung in AL2 bis AL3 (AL = Aliphaten). Damit  

liegt der Prüfwert für Erdreich, gem. LABO [5]

  • in Wohngebieten bei 50 mg/kg TM bzw. 150 mg/kg TM (Trockenmasse)
  • für Industrie- und Gewerbeflächen bei 300 mg/kg TM bis 1.500 mg/kg TM

Kohlenwasserstoffe sind in der Natur ubiquitär verbreitet, sie werden ständig gebildet und unterliegen als Naturstoff einem fortlaufenden Abbau. Hauptproduzenten von Kohlenwasserstoffen sind Pflanzen, (Meeres-) Mikroorganismen und in weit geringerem Ausmaß auch Tiere. Heizöl ist jedoch ein Gemisch und es kommt immer auf die einzelnen Bestandteile und deren Umweltverhalten an.

So liegen die normalen Gehalte der Böden bei ca. 100 mg/kg oder höher, sodass als Prüfwerte = 1.000 mg/kg vorgesehen sind und die Maßnahmewerte für die Sanierung bei > 5.000 mg/kg für das Erdreich liegen.

Das Bundesumweltamt Österreich setzt fest [4]:

  • Bodenluft im Außenbereich (K C5 bis C10): 50 mg/cbm
  • bei Kinderspielplätzen in den oberen 10 cm des Erdreichs: 50 mg/kg
  • der Maßnahmenschwellenwert liegt bei 500 mg/kg (Gesamtgehalt)

Die festgelegten Arbeitsplatzkennwerte zu den MKW-Belastungen werden nur für KW-Gemische bis 250 °C Siedetemperatur betrachtet (Tabelle 1)[6].

Nach der TRGS sind (bei unbekannter Zusammensetzung des vorhandenen MKW) die Werte von Diethylbenzol heranzuziehen = 11 mg/cbm - mit einem Überschreitungsfaktor von 2.

Bei bekannter Zusammensetzung des Heizöls gelten Werte von 100 bis 1.500 mg/cbm [7]. 

Tabelle 1: Neue Arbeitsplatzgrenzwerte für Kohlenwasserstoffgemische [6, 7] 

Entsorgung:

Materialien mit einem MKW-Gehalt von >1.000 mg/kg sind als gefährlicher Abfall einzustufen, bzw. >2.500 mg/kg (ohne karzinogene Stoffe) [2].

LAGA legt im Gegenzug auch fest, dass Baustoffe bis 100 mg/kg als Recyclingmaterial wiederverwendet werden dürfen [2].

Es liegen in der Literatur somit nur sehr unterschiedliche Werte vor und eine Grundlage ist schwer zu ziehen.

Dr. Stefan Tewinkel, IFS hat sich jedoch schon 2014 intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und diese Werte wurden von vielen Sachverständigen übernommen (Tabelle 2)[8]:

Tabelle 2: Grenzwerte / Richtwerte

4  Fazit

Die letzten Hochwasserereignisse vor 2021 haben gezeigt, dass sich MKW´s im Erdreich auf 50 % der Grundstücke durch das natürliche Abbauvermögen des Bodens durch Mikroorganismen bereits innerhalb von 2 Monaten nach einem Ereignis um bis zu 90 % gesunken sind. Dies kann durch einfache Maßnahmen, wie z. B. Umpflügen, wesentlich beschleunigt werden. [9]

 

Wie sich die Belastungen innerhalb von Wohnräumen bzw. Gebäudebauteilen entwickelt, ist unbekannt, da es hierüber wenige Studien gibt. Es müssen jedoch offizielle Grenzwerte geschaffen werden, damit eine einheitliche Arbeitsweise die Sanierungen erleichtert – vor allem die Entscheidungsfindung zur Sanierung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten oder hin zu einem Komplettabriss.

Bei einzelnen Heizölschäden im Alltag ist eine Entscheidung einfacher zu treffen und den Betroffenen, wie auch der Versicherungsgesellschaft einfacher zu erläutern.

 

Eine Heizölsanierung ist immer eine Sanierungsversuch; jedes Gebäude ein Prototyp. Trotzdem muss man zielgerichtet und strukturiert und mit Augenmaß an die Sache herangehen. Nicht jedes Heizöl-geschädigte Gebäude muss abgebrochen werden, aber nur eine oberflächliche Reinigung ist nicht zielführend.

Andere Gebäudeschadstoffe, die vor dem Unwetterereignis vorhanden waren, dürfen keinesfalls vernachlässigt werden. Die persönliche Schutzausrüstung muss immer vorhanden sein

Ich versichere, die Arbeit selbständig verfasst zu haben und keine anderen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen entnommen sind, habe ich als solche kenntlich gemacht.

 

Heilbronn, den 14.04.2023         

Unterschrift

5  Abkürzungen

AL = Aliphaten (Aliphatische Kohlenwasserstoffe)

KW-Index = Einsortierung der MKW nach Siedebereich

MKW = Mineralölkohlenwasserstoffe

MP = Materialprobe

PAK = polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

TRGS = Technische Regeln für Gefahrstoffe

TM = Trockenmasse

TS = Trockensubstanz

6  Verwendete Literatur / Quellen

[1] Bayerisches Landesamt für Umwelt, 09/2020, Schadstoffratgeber Gebäuderückbau

[2] Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), 02/2021, Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit

[3] Bundesministeriums f. Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, 07/2021, Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)

[4] Bundesumweltsamt Österreich 2017, MKW-Kontaminierte Standorte

[5] Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO), 09/2017, Bewertung von Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW)

[6] Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGVU), 03/2019, Arbeitsplatzgrenzwerte für Kohlenwasserstoffgemische

[7] TRGS 900, 06/2022, Arbeitsplatzgrenzwerte

[8] Tewinkel, 05/2014 „Der Bausachverständige“ und 01/2015 „Schadenprisma“, Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V., München; Untersuchung von Heizölschäden in der Bausubstanz

[9] Stephan, Deininger, Kardos, Strobel, 2009, Umweltwissen Schadstoff, Springer-Verlag

Alle Bilder (außer Nr. 1 u. Nr. 8) Quelle: Pia Haun 

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