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Risikoschutz

Die Haftung des Sachverständigen

 

Als Sachverständiger könnte man leicht auf die Idee kommen, man beurteile ja nur die Fehler anderer, sodass man sich haftungsrechtlich auf gesichertem Terrain befindet.

 

Falsch gedacht!

Der Sachverständige haftet für fehlerhafte Leistungen ebenso wie alle anderen Baubeteiligten auch.

Für den Gerichtsgutachter ergibt sich die Haftung aus § 839a BGB. Danach haftet der Gerichtsgutachter, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt, welches sodann Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung wird. Gerichtliche Entscheidungen sind in erster Linie Urteile. Der Richter bedient sich der besonderen Fachkunde von Gutachtern, um mithilfe der gutachterlichen Feststellungen zu einer Entscheidung zu gelangen. Jüngst hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch Vergleiche eine gerichtliche Entscheidung sein können (BGH, Urteil vom 25.06.2020 – III ZR 119/19; § 839a BGB gelte analog). Diese analoge Anwendung zeigt die deutliche Tendenz, die Gutachterhaftung zu verschärfen.

 

Zu denken ist auch an den Wertgutachter beispielsweise im Zwangsversteigerungsverfahren. Der Zuschlag ist ebenfalls eine gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 839a BGB.

 

Was aber ist grob fahrlässig? Grob fahrlässig ist mehr als ein Flüchtigkeitsfehler. Es muss eine Pflichtverletzung vorliegen, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt.

 

Grobe Fahrlässigkeit bejaht die Rechtsprechung beispielsweise bereits bei der ungeprüften Übernahme von Daten eines Dritten.

 

Wenn man als Gutachter technische Instrumente benutzt, wird erwartet, dass diese auch richtig angewendet und die Messergebnisse korrekt interpretiert werden. Technische Vorschriften müssen beherrscht werden. Der Umgang mit DIN-Vorschriften, allgemein anerkannten Regeln der Technik und technischen Merkblättern wird vorausgesetzt. Wer hier schon Unsicherheiten zeigt, begibt sich in die Gefahr, dass hieraus eine grobe Fahrlässigkeit abgeleitet wird.

 

Oder salopp gesagt: grob fahrlässig ist etwas, wenn man den Fehler sieht und sich und sich die Hände vor den Kopf schlägt! Aber wer ist „man“? Bisher kam den Gutachtern zugute, dass das Gerichtsgutachten ja gerade deshalb als Grundlage diente, weil es von dem entscheidenden Gericht als nachvollziehbar und schlüssig angesehen wurde. Die Hürde, dann trotzdem dazu zu kommen, „wegen der ach so groben Fahrlässigkeit die Hände vor den Kopf zu schlagen“, war eher gering. Es findet sich aber auch die Auffassung, die grobe Fahrlässigkeit müsse aus der Perspektive eines Berufskollegen, also eines anderen Sachverständigen, betrachtet werden. Denn ansonsten würde es ja faktisch nie zu einer Haftung des Gutachters kommen.

 

Bei den gerichtlichen Vergleichen hat man über eine analoge Anwendung des § 839a BGB die Haftung bereits erweitert. Dies kann über den Perspektivwechsel hin zum Berufskollegen ebenfalls passieren.

 

Die Entwicklung der Rechtsprechung sollte also verfolgt werden! Die Haftungsprivilegierung der Gutachter wird zunehmend als ungerecht empfunden und es finden Korrekturen statt.

 

Für alle Privatgutachter gilt: überall dort, wo der Auftraggeber von „mal eben“ spricht oder „mündliche Gutachten“ ausreichen lässt, ist Vorsicht geboten! Denn ein Fehler ist schnell gefunden. Beweisen Sie als Gutachter dann einmal im Prozess, dass Sie den Bauherrn mündlich auf den konkreten Mangel hingewiesen haben, ihr mündliches Gutachten also vollständig und richtig war und Sie den Auftraggeber beispielsweise auch auf die Notwendigkeit von Bauteilöffnungen hingewiesen haben! Bei „mal eben“ ist der Sachverhalt nie vollständig erfasst und man kommt leicht zu falschen Ergebnissen. Ob Sie nun keine Daten ermitteln oder – wie in dem Beispiel oben – Daten ungeprüft übernehmen, kommt im Ergebnis auf das gleiche heraus. Beides kann als grobe Fahrlässigkeit angesehen werden.

 

Jedem Sachverständigen ist daher anzuraten, zu überprüfen, ob er überhaupt versichert ist und was er da eigentlich mit welchem Deckungsumfang abgeschlossen hat.

 

Wogegen muss sich ein Sachverständiger denn nun versichern?

 

Achten sollte man darauf, dass man sich als Gutachter dann, wenn man selbst Bauteilöffnungen vornimmt, gegen eventuell hierbei auftretende Schäden versichert. Dies betrifft die sogenannten Sachschäden. Man stelle sich beispielsweise vor, bei der Bauteilöffnung wird ein Heizungsrohr getroffen und führt zu einem Wasserschaden.

 

Wichtig ist aber genauso die Deckung für Vermögensschäden, da ein Gutachten selbst – anders als eine Bauleistung – nicht zu einem Sachschaden am Bauwerk führt, sondern zu einem Vermögensschaden beim Geschädigten. Es geht also um das Portemonnaie des Geschädigten, welches durch ein fehlerhaftes Gutachten geschmälert wird.

 

Die Versicherung muss daher Sach- und Vermögensschäden absichern, die im Zusammenhang mit der gutachterlichen Leistung stehen. Dieses Ziel wird mit dem Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung nicht erreicht.

 

Es muss sich vielmehr um eine Versicherung für Sach- und Vermögensschäden handeln.

 

Eine reine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung reicht auch nicht aus, da hier nur Teilbereiche der Gutachtertätigkeit abgedeckt sind.

 

Für die Wahl der richtigen Versicherungssumme ist eine klare Aussage schwierig. Begonnen wird häufig mit einer Summe von 250.000 Euro im Bereich Sach- und Vermögensschäden. Dies erscheint aber häufig als zu wenig.

 

Wir empfehlen mindestens die Summen:

 

500.000 Euro für Sach- und Vermögensschäden und

1.500.000 Euro für Personenschäden

Allerdings sollte der Einzelfall betrachtet werden, nehmen Sie gerne eine kompetente Beratung in Anspruch.

 

Der Text wurde uns von unserem Kooperationspartner AIA zur Verfügung gestellt

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