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NHK-Synopse

Nick Baumann

NHK 2010 vs. BKI NHK
Eine Gegenüberstellung der NHK 2010 und BKI NHK.
Diese Erörterung mit beiliegender Tabelle zeigt die Differenzen der Kostenkennwerte der o.g.
Herausgeber.

Das Teilen von Erfahrungen und die Diskussion über die Anwendung dieser Kostenkennwerte sind erwünscht.


Ausgangslage
Im Bereich der Sachschäden ist die Überprüfung des Versicherungswerts oft ein wichtiger

Bestandteil des Auftrags. Hierbei wird die vertraglich ausgewiesene Versicherungssumme mit dem

Versicherungswert des schadenbetroffenen Objekts verglichen. Die Differenz, die bei dieser

Überprüfung ermittelt wird, wird als Versicherungsdichte, also Verhältnis zwischen

Versicherungssumme und -Wert angegeben. Klingt zunächst nach einer reinen Formalität, kann

jedoch signifikante Folgen für Versicherungsnehmer darstellen, wenn eine Unterversicherung

ermittelt wird (Versicherungsdichte < 1).

 

Aber was ist eigentlich der Versicherungswert?

 

Der Versicherungswert ist der ortsübliche Neubauwert einer Immobilie, also der Preis, den man

zahlen muss, um das Gebäude an einem bestimmten Ort (inkl. Regionalfaktor) neu zu errichten. Um diesen Wert zu ermitteln, wird, vereinfacht gesagt, die Fläche des Objekts mit einem

Kostenkennwert verrechnet. Für diese Kostenkennwerte gibt es verschiedene Herausgeber. Zwei

dieser Herausgeber sind das Bundesministerium des Innern und für Heimat und das BKI

Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern.

 

Erstes hat die Normalherstellungskosten 2010 (NHK 2010) in der Sachwertrichtlinie, heute

Immobilienwertermittlungsverordnung, aufgestellt. Diese Kostenkennwerte legen das Jahr 2010 zu

Grunde und sind nach Nutzungsart, Bauart und Bauweise differenziert. Sie werden in Euro/ m2

angegeben und mit der Bezugsgröße Brutto-Grundfläche (BGF) verrechnet. Wie diese Werte
aufgestellt oder erfasst worden sind, ist unklar. Das BKI hat ebenfalls Normalherstellungskosten (BKINHK) aufgestellt, welche auf der Struktur der NHK 2010 aufbauen. Die Auswertung der BKI-NHK basiert auf realen, abgerechneten Neubauten. Durch den nahezu gleichen Aufbau können diese beiden Quellen für Kostenkennwerte gut miteinander verglichen werden.


Vergleich
In der unten stehenden Tabelle werden die NHK 2010 und die BKI-NHK miteinander verglichen.

Bei den BKI-NHK, welche jedes Jahr aktualisiert werden, wurden Daten aus dem 1. Quartal 2019

(Baupreisindex 114,6) herangezogen und mit dem Baupreisindex auf das Jahr 2010 (Baupreisindex

90,1) herunter gerechnet. Der Aufbau dieser Tabelle zeigt im linken Bereich die klassischen NHK

Darstellungen, im rechten Bereich werden die Differenzen angezeigt. Bei der ersten Differenz

werden die NHK 2010 als 100%-Marke angenommen, bei der zweiten die BKI-NHK. Somit können die positiven und negativen Differenzen direkt abgelesen werden.

 

Im Laufe der Erstellung dieser Tabelle wurde eine dritte Spalte mit Differenzen aufgenommen, da

NHK 2010 und BKI-NHK unterschiedliche Ansätze für Nebenkosten mit in die Kostenkennwerte

einfließen lassen. Somit haben zum Beispiel die unter Punkt 9. aufgeführten Kostenkennwerte für

Wohnheime, Alten- und Pflegeheime nach NHK 2010 Berechnungen einen Nebenkostenanteil von

18%, bei BKI-NHK Berechnungen jedoch einen Nebenkostenanteil von 22%. Um diese, nicht

unerhebliche, Abweichung beim Vergleich zu berücksichtigen, wurde eine nebenkostenbereinigte

Differenz mit aufgeführt.


Differenz
Bereits bei grober Betrachtung der verglichenen Werte fällt auf, dass die Werte der BKI-NHK in fast

allen Bereichen höher ausfallen. Im Bereich der Einfamilienhäuser (1. - 3.) liegt die höchste negative Abweichung (BKI-NHK = 100%) bei bis zu -33,0% (1.22 freistehende Einfamilienhäuser). Die niedrigste negative Abweichung in diesem Bereich liegt bei -5,0% (2.33 Doppel- und Reihenendhäuser), welche im nebenkostenbereinigten Vergleich bei -0,2% liegt. Somit machen allein die Baunebenkosten in diesem Beispiel eine Differenz von 4,8% aus.

 

Im Mittel fallen die Kostenkennwerte der NHK 2010 bei den Einfamilienhäusern um 20,4% niedriger

aus, als die des BKI.

 

Bei den Gebäudetypen 4. - 17. sind ebenfalls signifikante Abweichungen vorhanden, die jedoch

keinem klaren Muster unterliegen. Bei diesen Gebäudetypen sind die Kostenkennwerte der NHK

2010 teilweise höher, als die der BKI-NHK (10. Krankenhäuser, Tageskliniken).

 

Darüber hinaus gibt es Gebäudetypen, wie z.B. 6. Bürogebäude, die je nach Standardstufen unterschiedlich positive und negative Abweichungen aufweisen. Bei 6.2 Bürogebäude, Stahlbetonskelettbau liegt der NHK 2010 Wert bei Standardstufe 3 23,0 % unter dem Wert der BKI-NHK, bei Standardstufe 4 jedoch 6,9% darüber.


Bewertung
Zusammenfassend kann man sagen, dass die hier aufgezeigten Differenzen zweier

Kostendatenbanken, die Kostenkennwerte für identische Gebäudetypen ausweisen, enorm ist. Wie

in der Ausgangslage beschrieben, werden diese Kostenkennwerte herangezogen, um

Versicherungssummen zu überprüfen. Welche Auswirkungen diese Überprüfung haben können,

wurde ebenfalls erwähnt. Hierbei eine Differenz von rd. 20% zu errechnen, die allein auf der Wahl

der Kostendatenbank beruht, ist nicht zu vertreten.

 

Insofern ist die Wahl der Kostendatenbank elementar und nach sachverständigem Ermessen zu

begründen.


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Kommentare: 1
  • #1

    Norbert Faßhauer (Donnerstag, 23 Juni 2022 18:38)

    Versicherungswertermittlung bei Immobilien:
    Ermittlung des Verkehrswerts gemäß BauGB für den Immobilienmarkt
    Der § 194 (Verkehrswert) des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) definiert den Verkehrswert einer Liegenschaft wie folgt:
    Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.
    Auf Grund des § 199 Absatz 1 des Baugesetzbuchs erlässt die Bundesregierung mit Datum vom 14.07.2021 die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV) (BGBl. I S. 2805). Darin geregelt sind
    - das Vergleichswertverfahren (§§ 24 – 26),
    - das Ertragswertverfahren (§§ 27 – 34),
    - das Sachwertverfahren (§§ 35 – 39).
    In der Anlage 4 zur ImmoWertV finden sich die Normalherstellungskosten 2010 (NHK 2010) als Berechnungsansatz für das Sachwertverfahren. Somit dient die NHK 2010 der Schätzung eines bei einer Veräußerung einer bestimmten Liegenschaft erzielbaren Verkaufspreises.
    Ermittlung einer Kostenschätzung für die Planungsphase
    Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) ist die zentrale Service-Einrichtung für über 100.000 Architektinnen und Architekten. Die BKI-Baukostendatenbanken umfassen mehrere tausend abgerechnete Projekte zu Neubauten, Altbauten und Freianlagen. Diese sind die Grundlage für Kostenschätzungen nach DIN 276 im Bereich der Kostenplanung. Diese Werte helfen also bei den Kostenschätzungen in Leistungsphasen 2 + 3 der HOAI. Somit dienen die BKI-Werte der Entscheidungshilfe in Planungsphase, um die Bauherrenwünsche mit seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten in Einklang zu bringen.
    Ermittlung des Versicherungswerts eines Gebäudes
    Die Versicherer ermitteln mit Hilfe des Wertes 1914, auch Gebäudeversicherungswert 1914 oder einfach 1914er Wert genannt, einem theoretischen Wert, die Versicherungssumme und die Höhe der Prämien.
    Der Wert 1914 basiert auf den NHK 1914 und ist ein reiner Rechenwert, der als einheitliche Grundlage zur Ermittlung des Gebäudeneubauwerts und der Prämienhöhe verwendet wird. Das Jahr 1914 dient als Basis, da dies das letzte Jahr in Deutschland war, in dem drei wichtige Faktoren gegeben waren:
    - Stabile (und damit aussagekräftige) Baupreise.
    - Währung war goldgedeckt.
    - Außergewöhnliche Baupreissteigerungen lagen nicht vor.
    Der Wert 1914 an sich gibt den Neubauwert des Gebäudes im Jahr 1914 an. Mit Hilfe des jährlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindex lässt sich der Wert 1914 umrechnen, sodass der Neubauwert für ein beliebiges Jahr ermittelt werden kann – sofern für dieses Jahr ein Baupreisindex vorliegt:

    Wert 1914 = Neubauwert ÷ (Baupreisindex ÷ 100)
    Neubauwert ist nicht gleich Verkehrswert
    Beim Neubauwert handelt es sich um den Betrag, der nötig wäre, um bei einer völligen Zerstörung der Immobilie das Gebäude im gleichen Zustand wieder aufzubauen. Dieser Wert ist vor allem für Versicherungen von Bedeutung, hat aber nichts mit dem Verkehrswert der Immobilie zu tun, dem Betrag also, der für das Gebäude bei einem Verkauf auf dem freien Markt erzielt werden kann. Häufig liegen Neubauwert und Verkehrswert sogar weit auseinander.
    Fazit
    Da die NHK 2010 und die BKI-NHK unterschiedlichen zwecken dienen, ist es nicht verwunderlich, dass sie zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das ist aber hier unerheblich, da beide Verfahren ungeeignet sind, den Versicherungswert einer Immobilie zu ermitteln.