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Bestellung vs. Zertifizierung

Die nachfolgende Problembeschreibung bezieht sich insbesondere auf die Bearbeitung von Sachverständigengutachten im Sachschadenbereich, also Brand-, Sturm-, Leitungswasserschäden etc., bei denen Sachversicherungen bzw. Versicherungsnehmer Auftraggeber der Sachverständigen sein können.

Es soll hier der Frage nachgegangen werden, welche Nachweise der besonderen Fachkenntnisse sowohl für die Auftraggeber wie für die Sachverständigen unter Einhaltung der bestehenden Bestellungs- und Zertifizierungsvorschriften geeignet sind.

Im sogenannten Berater- oder Beiratsverfahren ist der Sachverständige oft für den Versicherer allein tätig; sein Gutachten ist dann meist die Basis für die Schadenregulierung.

 

Hier ist auffallend, dass Versicherer gerne Sachverständige beauftragen, die eine öffentliche Bestellung vorweisen können; öffentliche Bestellungen wirken bei Versicherungsnehmern vertrauenerweckend.

 

Viele Versicherungsnehmer sind durch größere Sachschadenereignisse mit der Einschätzung ihres Schadens oft überfordert; eine Schadendarstellung mit entsprechender Bepreisung und einem Stempel des „öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen“ wirkt als objektive und unumstößliche Tatsache.

 

Schön wäre es, wenn in diesen Gutachten von den Sachverständigen klar gestellt würde, dass es sich um Parteigutachten handelt und der Versicherungsnehmer durch Hinzuziehung eines eigenen Sachverständigen seines Vertrauens und evtl. durch Durchführung eines Sachverständigenverfahrens auch andere Ergebnisse erhalten kann.

Dass die vorgelegten Gutachten von Kollegen mit -aber auch ohne- einer öffentlichen Bestellung nicht unbedingt einer Überprüfung Stand halten, beweisen Sachverständigenverfahren, bei denen das Ergebnis häufig 30-50% höher liegt als das zuerst vorgelegte Gutachten.

 

Öffentliche Bestellung und Vereidigung

 

Für das Arbeitsgebiet Sachschäden wäre dies bei einer öffentlichen Bestellung das Bestellungsgebiet

  • Bewertung von Brand-, Explosions-, Sturm- und Leitungswasserschäden in und an Gebäuden

Im Sachverständigenverzeichnis der bestellenden Kammern (IHK´s, Architekten- und Ingenieurkammern etc.) https://svv.ihk.de/svv sind derzeit 48 Kollegen verzeichnet. Wenn man die Kollegen abzieht, die für Schadstoffe bestellt und in der Liste aufgeführt sind, reduziert sich die Summe auf 42 Sachverständige mit dem o.g. zu bestellenden Sachgebiet bundesweit.

 

Bei der Suche nach Sachverständigen für

  • Schäden an Gebäuden

werden derzeit 958 Sachverständige verzeichnet, also mehr als das 20-fache.

 

Sehr häufig  werden im Sachschadenbereich Gutachten von Sachverständigen vorgelegt mit einer öffentlichen Bestellung für Schäden an Gebäuden oder auch für Immobilienbewertung von Immobilien.

Das hört sich ja auch nicht ganz verkehrt an, sind doch die Bestellungsbezeichnungen nicht ganz sinnfällig gewählt. Bei "Schäden an Gebäuden" hat man es z.B. meist mit Mängeln oder Mangelfolgeschäden zu tun.

 

Versicherungsnehmer haben auch oft das Problem, dass z.B. bei der Ermittlung der Schadenursache (z.B. Brandursache) öffentlich bestellte Sachverständige eingesetzt werden, die als angestellte Experten in versicherungsnahen Unternehmen angestellt sind. Diese Expertisen führen häufig zu Ablehnungen des Versicherungsschutzes, zum Nachteil der Versicherungsnehmer.

 

Zur Klärung der Frage, wer eigentlich der passende Sachverständige ist, lohnt es sich, in die Mustersachverständigen-Ordnung zu sehen.

 

Öbuv Sachverständige im Arbeits- oder Dienstverhältnis

Im Zusammenhang mit §9 (4) darf der bestellte Sachverständige im Arbeits- oder Dienstverhältnis insbesondere nicht

 

- Gutachten in eigener Sache oder für Objekte und Leistungen seines Dienstherren oder Arbeitgebers erstatten.

 

Die Frage muss zugelassen sein, warum öffentlich bestellte Sachverständige im Arbeits- oder Dienstverhältnis überhaupt Parteigutachten erstellen sollen. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber wie in §3 (3) c) lediglich den Mitarbeiter für seine Tätigkeit freistellt, die Tätigkeit also nicht im Namen und im Auftrag des Arbeitgebers erfolgt. Dies ist entspricht allerdings nicht der gängigen Praxis.

.
§3 (3) Ein Sachverständiger, der in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis steht, kann nur öffentlich bestellt werden, wenn er die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt und zusätzlich nachweist, dass

 

a) sein Anstellungsvertrag den Erfordernissen des Abs. 2 Buchst. g) nicht entgegensteht, und dass er seine Sachverständigentätigkeit persönlich ausüben kann;

 

b) er bei seiner Sachverständigentätigkeit im Einzelfall keinen fachlichen Weisungen unterliegt und seine Leistungen gemäß § 13 als von ihm selbst erstellt kennzeichnen kann;

 

c) ihn sein Arbeitgeber im erforderlichen Umfang für die Sachverständigentätigkeit freistellt

 

§ 9 Unabhängige, weisungsfreie, gewissenhafte und unparteiische
Aufgabenerfüllung
.

(4) ….

Insbesondere darf der Sachverständige nicht

- Gutachten in eigener Sache oder für Objekte und Leistungen seines Dienstherren oder Arbeitgebers erstatten.

 

Persönliche Aufgabenerfüllung und Beschäftigung von Hilfskräften

Die öffentliche Bestellung scheint auch nicht geeignet für die Bearbeitung von großen Schäden und Schäden in hoher Anzahl: ein kleines Team von Mitarbeitern um den öffentlich bestellten Sachverständigen, deren Mitarbeit dieser ordnungsgemäß überwachen soll, wird kaum konkurrenzfähig auf dem Markt sein. 

Der öffentlich bestellte Sachverständige arbeitet mit dem Dilemma, dass er eine persönliche Aufgabenerfüllung schuldet, Hilfskräfte nur bedingt einsetzen kann und dies auch in den Gutachten kenntlich machen muss.

Große Sachverständigenbüros, bei denen der Inhaber öffentlich bestellt ist, tun sich schwer mit diesen Vorschriften.

Bei einer Arbeitsteilung mit qualifiziertem Personal hilft dem bestellten Sachverständigen gerade der § 11, Verpflichtung zur Gutachtenerstattung: bei "anderen" Auftraggebern als z.B. Gerichte, kann der öbuv Sachverständige den Auftrag in dieser Form verweigern, aber mit seinem Büro ohne Bezug auf die öffentliche Bestellung den Auftrag natürlich bearbeiten.

Leider wird in der Praxis selten davon Gebrauch gemacht. Häufiger findet man Gutachten, die vom öbuv Inhaber unterschrieben und gestempelt sind, der gleich mehrere Niederlassungen betreibt, die Sachschäden aber nachweislich nie gesehen hat; ein Mitarbeiter ist im Büro verantwortlich für die Begutachtung des Schadens.

 

§ 10 Persönliche Aufgabenerfüllung und Beschäftigung von Hilfskräften

 

(1) Der Sachverständige hat die von ihm angeforderten Leistungen unter Anwendung der ihm zuerkannten Sachkunde in eigener Person zu erbringen (persönliche Aufgabenerfüllung).

 

(2) Der Sachverständige darf Hilfskräfte nur zur Vorbereitung seiner Leistung und nur insoweit beschäftigen, als er ihre Mitarbeit ordnungsgemäß überwachen kann; der Umfang der Tätigkeit der Hilfskraft ist kenntlich zu machen, soweit es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.

 

§ 11 Verpflichtung zur Gutachtenerstattung

 

(1) Der Sachverständige ist zur Erstattung von Gutachten für Gerichte und Verwaltungsbehörden nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften verpflichtet.

 

(2) Der Sachverständige ist zur Erstattung von Gutachten und zur Erbringung sonstiger Leistungen i.S.v. § 2 Absatz 2 auch gegenüber anderen Auftraggebern verpflichtet. Er kann jedoch die Übernahme eines Auftrags verweigern, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die Ablehnung des Auftrags ist dem Auftraggeber unverzüglich zu erklären.

 

Öffentlich bestellte Sachverständige sollen nach den Prozessordnungen in Gerichtsverfahren vorrangig herangezogen werden (§ 404 Abs. 2 ZPO, § 73 Abs. 2 StPO, § 173 VwGO), was ganz klar den Schwerpunkt der Tätigkeiten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beschreibt.

 

Hinweise auf öffentliche Bestellung

Leider kumuliert das eben beschriebene Problem "Hilfskräfte" dadurch, dass von den Büroinhabern eine öffentliche Bestellung anderer Sachgebiete angeführt wird, die nicht die Sachschadenproblematik abdecken.

 

§ 13 Bezeichnung als „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“

 

(2) Unter die in Absatz 1 genannten Leistungen darf der Sachverständige nur seine Unterschrift und seinen Rundstempel setzen. …

 

(3) Bei Sachverständigenleistungen auf anderen Sachgebieten darf der Sachverständige nicht in wettbewerbswidriger Weise auf seine öffentliche Bestellung hinweisen oder hinweisen lassen

 

Hier könnte der geneigte Leser, insbesondere die vom Sachschaden betroffenen Versicherungsnehmer, die diesbezüglich Laien sind, eine Großzügigkeit walten lassen, die aber nicht der sonst sehr akkuraten Bearbeitung der Bestellungsbehörden entsprechen kann.

 

Hier hilft das Studium von drei Dokumenten:

Um es kurz zu machen: die Bestellungsvoraussetzungen für Sachschäden (Brand-, ...) sind nicht in den Bestellungsvoraussetzungen für Schäden an Gebäuden integriert.

Bei der Bestellung von SV für Schäden an Gebäuden sind Erfahrungen im Sachschadenbereich nicht erforderlich, das Wissen wird nicht geprüft.

Die Durchfallquoten bei den Sachkundeprüfungen bei den Bestellungen zu Sachschäden sollen sehr hoch sein, was ein Hinweis auf ein komplexes Wissensgebiet sein kann.

 

Es könnte ja üblich sein, dass bestellte Sachverständige für Schäden an Gebäuden sich das Spezialwissen Sachschäden ebenfalls aneignen und so ihr Sachgebiet erweitern.

Das dürfte von den bestellenden Kammern sicherlich nicht goutiert werden, wäre doch die Spezialbestellung in Frage gestellt, wenn doch, würde man es ja nach außen sichtbar gestalten für den Verbraucher.

Bleibt eigentlich die Feststellung, dass eine öffentlich Bestellung und Vereidigung für Schäden an Gebäuden nicht das Sachgebiet auf Sachschäden beinhaltet und somit nicht für die Bearbeitung derartiger Gutachten zulässig ist.

 

Das Fachwissen vorausgesetzt ist eine Bearbeitung ohne Hinweise auf die anderen Bestellungen natürlich möglich.

 

Wenn man auf die Kundenzufriedenheit der Auftraggeber, in diesem Fall in erster Linie der Versicherungswirtschaft, aber auch den betroffenen Versicherungsnehmern eingeht, scheint bei dieser Art der Sachverständigentätigkeiten die öffentliche Bestellung ein überholtes Modell zu sein. Durch die Globalisierung des Versicherungs-Schadengeschäftes sind schlagkräftige Sachverständigenteams mit einem möglichst flächendeckendem Niederlassungsnetz gefragt, die schnelle Lösungen anbieten können.

 

Für diese Tätigkeit bietet sich das Instrument der Personenzertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 an.

Unser Steinbeis-Beratungszentrum bietet eine Zertifizierung für folgendes Sachgebiet an:

  • Zertifizierte Sachverständige für Versicherungswertermittlungen und Sachschadenbewertungen von Immobilien

Das Sachgebiet dieser Zertifizierung beinhaltet auch die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen

6320 Brand-, Explosions-, Sturm- und Leitungswasserschäden in und an Gebäuden und stellt darüber hinaus Anforderungen an die Sachverständigen für den Bereich Versicherungswertermittlungen.
Wir laden interessierte Kreise ein, an der Strukturierung, Lenkung und Leitung unserer Zertifizierungsmaßnahmen mitzuarbeiten.
Dem Büroinhaber bleibt es überlassen ein Zertifizierung für sich alleine oder für sich und den verantwortlichen Mitarbeitern anzustreben.

 

Zertifizierung

Das Modell der Personenzertifizierung ist noch verhältnismäßig neu, man muss leider auch Auswüchse auf dem Markt feststellen, richtig umgesetzt ist es allerdings nachhaltig brauchbar.

Eine kritische Betrachtung folgt demnächst in diesem Blog.

 

Norbert Reimann

Berlin den 28.5.2019

 

Ergänzung I - Wettbewerbsrecht, 19.9.2019

Ein sehr interessanter Vortrag zu diesem Thema von RA Dr. Andreas Ottofülling, Wettbewerbszentrale, zum Thema Chancen und Risiken der Werbung für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige - worauf ist zu achten beim Sachverständigentag 2019 der Ingenieurkammer Niedersachsen am 18.9.2019 in Hannover.

Dr. Ottofülling bestätigt die Aussagen und Vermutungen des Blogbeitrages hinsichtlich der Sachverständigen-Verordnungen vollauf.

 

Die Wettbewerbszentrale, eine alt-ehrwürdige Institution, kein Abmahnverein, Mitglieder sind auch, unter anderen, die Kammern selbst, mahnt solche Dinge wie im Blog beschrieben ab.

 

Verwunderlich bleibt allerdings, warum diese Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht sich in der Praxis so lang und nachhaltig halten.

 

Ansprechpartner bei Verstößen sind die Kammern oder auch die Wettbewerbszentrale.

 

Ergänzung II - Monstranz, 19.9.2019

Die Ingenieurkammer Niedersachsen ist eine lobenswerte Einrichtung mit einem Präsidenten, Dipl.-Ing. Hans-Ulrich Kammeyer, der über die Grenzen Niedersachsen hinaus bekannt ist für ein engagiertes Auftreten für alle Belange des Ingenieurwesens.

 

Nichtsdestotrotz fällt in der Begrüßungsrede auf, dass die Kammer als bestellende Körperschaft nur die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für qualifiziert und jedenfalls am besten qualifiziert hält. Als Werbung in eigener Sache ist das zu verstehen, richtig und logisch ist es nicht.

 

Die Kammer darf nur entsprechende Sachverständige bestellen, die qualifiziert sind und mit dieser Qualifikation auch schon Berufserfahrungen nachweisen können. Welchen Qualitätsschub soll es nochmals geben, wenn die öffentliche Bestellung ausgesprochen wird? Was verändert sich bei einem langjährig öffentlich bestellten Sachverständigen, wenn er seine Bestellung nicht mehr verlängert?

 

Die Argumentation der Kammer ist ein Eigentor und trägt dazu bei, dass bestellte Sachverständige ihre Bestellung wie eine Monstranz vor sich her tragen.

 

Im außergerichtlichen Bereich ist die Vereidigung ohne Belang. Bei der fachlichen Qualifikation fällt auf, dass sich die Kammern bei den Bestellungsverfahren nicht in die Karten schauen lassen, was bei den Zertifizierungen durchaus möglich ist mit der Teilnahme der interessierten Kreise am Zertifizierungsprozess. Dass die Bestellung im außergerichtlichen Bereich für den bestellten Sachverständigen auch Nachteile haben kann, wird im Blogbeitrag oben diskutiert.

 

Es wäre wünschenswert, dass die Kammern als Sachverständige nicht nur die selbst bestellten Sachverständigen anspricht, sondern auch die zertifizierten sowie die freien Sachverständigen, auch im Interesse der eigenen Nachwuchsarbeit.

 

Ergänzung III - Bestellungstenor und Trennungsgebot, 8.4.2023

Urteil LG Regensburg vom 23.1.2023: Bestellungstenor und Trennungsgebot begrenzen die Werbung eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.

Die Wettbewerbszentrale bespricht auf ihrer Website das Urteil

Bestellungstenor

"Da der Sachverständige bei den verschiedenen Werbeaussagen nicht den exakten Bestellungstenor angegeben hat, verstößt er sowohl gegen § 13 Abs. 1 Nr. 1 SVO HWK und begeht damit einen Rechtsbruch im Sinne des § 3a UWG und zugleich liegt darin auch eine irreführende Werbung gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UWG. Denn mit der öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen verbinde der durchschnittliche Verbraucher ein erhöhtes Maß an Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Sachkunde in die jeweilige Person, führt das Gericht aus. Weiter hebt es hervor, der Verbraucher werde und dürfe erwarten, dass der Bestellte auch tatsächlich gemäß seiner Bezeichnung entsprechend bestellt sei bzw. er die Bezeichnung auch nur entsprechend seiner Bestellung führe. Durch die Nichtangabe des Bestellungs-(Teil)gebietes werde beim Verbraucher der irrige Eindruck erweckt, dass der Beklagte für sämtliche Tätigkeitsgebiete, die er anspreche, auch öffentlich bestellt und vereidigt sei, was tatsächlich nicht der Fall sei. Damit liege eine irreführende Werbung vor."

Trennungsgebot

"Da der Sachverständige auf ein und derselben Homepage für seine gewerbliche Tätigkeit und die als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wirbt, liegt ein Verstoß gegen das in § 18 Abs. 3 SVO HWK normierte Trennungsgebot vor. Dass Gericht weist darauf hin, dieses Gebot stehe im Einklang mit dem primären und dem sekundären Unionsrecht. Denn dem Sachverständigen werde nicht schlechterdings jegliche Werbung untersagt geschweige denn seine Tätigkeit als solche, sondern lediglich die Werbung hierfür in angemessener Weise begrenzt. Das sei auch im verfassungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig. Die nur geringfügige Beschränkung seiner Berufsausübungsfreiheit sei durch die gewisse Einschränkung seiner Werbemöglichkeiten angemessen und damit verhältnismäßig. Er verstoße gegen das Trennungsgebot, da er auf ein und derselben Homepage für die gewerbliche Tätigkeit und die Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger werbe. Und das stelle einen Rechtsbruch nach § 3a UWG dar. Dieser Verstoß sei zudem geeignet, die Interessen von Verbrauchern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, da ein Verbraucher irrig annehme, dass ein öffentlich bestellter Sachverständiger auch im Geschäftsleben deutlich unabhängiger und unparteiischer sei als ein am Verkauf interessierter Geschäftsmann. Ebenso beeinträchtige es die Interessen von anderen Handwerkern auf demselben Gebiet, denen womöglich entsprechend hohe Qualifikation mangels der Angabe als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger abgesprochen werde und dies somit womöglich eine weniger gute Marktposition entfalten könnte."

 

In der Sachverständigenpraxis wird sehr häufig gegen diese beiden Vorschriften verstoßen, wenn sich Sachverständige "öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige" ohne Hinweis auf das Bestellungsgebiet bezeichnen. Eine "öffentliche Bestellung und Vereidigung für Alles" gibt es nicht. Die öffentliche Bestellung ist keine Berufsbezeichnung wie etwa Notar. Es wird oft das Argument gebracht, dass bei Nennung des Bestellungstextes die Bezeichnung sehr lang wird. In der Praxis hat es sich schon durchgesetzt die öffentliche Bestellung als "öbuv SV für Xyz" abzukürzen; zumindest interessierte Kreise können dies Entziffern.

Das Trennungsgebot wird gerne umgangen, um die mögliche positive Ausstrahlung der Bestellung auf andere Arbeitsbereiche zu nutzen.

 

Das Urteil ist klar, alleine es fehlt in der Praxis an der Umsetzung und an einer Überwachung der bestellenden Körperschaften.

Zertifiziert? von wem? Nachtrag vom 17.5.2024

Der Begriff "zertifizierter Sachverständiger" ist nicht geschützt, es sind Fälle bekannt, bei denen sich die Betroffenen selbst zertifizieren. Der Begriff bleibt hohl und gibt Anlass zum nachforschen, daher ist es empfehlenswert einen Hinweis auf den Zertifizierer zu geben.

Ohne Hinweis auf den Zertifizierer empfiehlt es sich, von einer Selbstzertifizierung auszugehen.

Im Fall von SchadenZert empfehlen wir unseren Kolleginnen in der Kurzform "SchadenZert" oder "BSS-eG" hinzuzufügen; potentielle Interessenten können mit diesen beiden Begriffen sehr leicht uns als Zertifizierer finden.


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Muster - Sachverständigenordnung des DIHK
neugefasst aufgrund des Beschlusses des Arbeitskreises Sachverständigenwesen vom 24. Juni 2015
Muster_SVO_DIHK_06-2015-1.pdf
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Sachgebietseinteilung im Bauwesen
© Hrsg. Institut für Sachverständigenwesen e.V.
Sachgebietseinteilung_Bauwesen.pdf
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6300 Schäden an Gebäuden
- Fachliche Bestellungsvoraussetzungen
- Erläuterungen zu den fachlichen Bestellungsvoraussetzungen
- Mindestanforderungen an Gutachten
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6320 Brand-, Explosions-, Sturm- und Leitungswasserschäden in und an Gebäuden
- Fachliche Bestellungsvoraussetzungen
6320.pdf
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Kommentare: 1
  • #1

    Thomas Fritz (Montag, 20 April 2020 22:17)

    Das gelesene war mehr als aufschlussreich und ist in vollem Umfang korrekt.